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Solomütter, vernetzt euch!

Wie es zum Austausch kam

Auf meinem Weg hin zur Entscheidung zur Solomutterschaft habe ich mich mit vielen Freundinnen darüber ausgetauscht. Ich habe das Thema im Freundeskreis sehr offen angesprochen. Eine Freundin hat mir dann von ihrer Schwester Andrea* berichtet, die in einer gleichen Situation war. Ihre Schwester war nun schwanger und sie hat mir angeboten, mich mal mit ihr auszutauschen. Lange habe ich das Angebot nicht angenommen. Aber je konkreter die Gedanken bei mir wurden und vor allem nach der Empfehlung aus der psychosozialen Beratung, mich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, habe ich meine Fühler letztlich doch nach ihr ausgestreckt. Ich habe Andreas Nummer bekommen und mich bei ihr mit dem Wunsch nach einem Austausch gemeldet. Es kam schnell eine positive Antwort. Da sie in einer anderen Stadt lebt, verabredeten wir uns eine Woche später für ein Telefonat.

Nach der psychosozialen Beratung suchte ich Austausch mit Frauen, die in der gleichen Situation waren wie ich. Oder schon weiter. Eine, mit der ich sprach war Andrea. Die Schwester einer guten Freundin, die gerade als Singlefrau schwanger war von einem anonymen Spender.

Ganz unbekannt waren Andrea und ich uns nicht. Wir hatten uns einmal persönlich getroffen als ihre Schwester ihren Studienabschluss in der Tasche hatte und dies mit Familie und Freund:innen gefeiert hat. Dass wir uns bereits persönlich kann und über ihre Schwester kannten, hat sicherlich dazu beigetragen, dass ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen uns bestand. Denn wir sprachen wirklich sehr offen miteinander.

Wir sprachen über familiäre Unterstützung, Doulas, Emotionen und vieles mehr

Sie erzählte mir von ihrem Weg, gescheiteten Beziehungen und wie es schließlich bei ihr dazu kam, sich für eine Solomutterschaft zu entscheiden. Andrea teilte mir mit, dass auch ihr die Entscheidung nicht leicht gefallen ist und mit viel Trauer verbunden war. Aber sie meinte, dass sich, seit sie schwanger sei, alles gut und stimmig anfühlte. Dass nun auch ihr Wunsch, eine Beziehung zu führen deutlich an Relevanz verloren hätte. Das hat mich sehr beruhigt und mich auch für mich hoffnungsvoll gestimmt.

Auch tauschten wir uns über unsere bisherigen Erfahrungen mit den Kinderwunschkliniken und den Ärzt:innen dort aus. Über unsere Wechsel(überlegungen), über die Emotionen, die wir im Laufe der Besuche dort und den zu treffenden Entscheidungen hatten. Es ging uns sehr ähnlich dabei.

Wir tauschten uns auch über die Reaktionen aus unseren Familien aus. Andrea erfährt sehr viel Unterstützung durch ihre Eltern. Das kannte ich bereits von ihrer Schwester, die ebenfalls viel Unterstützung durch die gemeinsamen Eltern erfuhr. In Gesprächen mit meiner Mutter merke ich an ihrer Reaktion bei dem Thema schon, dass sie es sich eigentlich anders wünschen würde. Sie unterstützt mich auch bei meinem Vorhaben, so ist es nicht. Aber es schwingt immer das Gefühl mit, dass sie nicht voll hinter meiner Entscheidung steht. Auch, wenn sie mir ihre volle Unterstützung zugesagt hat.

Und mein Vater? Der weiß von dem ganzen Vorhaben nichts. Wir haben nicht das Verhältnis, als dass ich ihm davon erzählen würde. Und er wird vermutlich ziemlich verdutzt sein, wenn er irgendwann einmal davon erfährt. Spätestens wohl, wenn das Kind mal auf der Welt sein sollte. Wie er dann weiter reagiert und ob ich dann Unterstützung erfahren werde, steht weiter in den Sternen. Seinen leiblichen Vater kennt er im übrigen auch nicht. Das wäre etwas, was mein Kind und er teilen würden.

Andrea empfahl mir noch ein Buch zum Thema, dass sie gerade lesen würde. Sie bat mir auch an, es mir im Anschluss zu schicken, worüber ich mich gefreut habe. Ich muss zugeben, dass ich mich dem Thema mit Büchern bisher nicht nähere. Dass kann sich schlagartig ändern, wenn ich schwanger sein sollte. Es quasi wirklich keinen Weg zurück gibt. Vermutlich verschlinge ich dann alle Literatur zum Thema. Das wäre sehr typisch für mich.

Auch berichtete sie mir über die Möglichkeit, eine Doula als Begleitung für die Geburt. Davon hatte ich noch gar nicht gehört und lauschte interessiert ihren Erfahrungen. Das würde ich mich auch überlegen und mich damit im Anschluss intensiver auseinandersetzen.

Mir hat es sehr gut getan, mich mit Andrea auszutauschen. Ich habe mich das erste mal so richtig verstanden gefühlt. Generell kann ich mich mit meinen engsten Freundinnen über vieles sehr gut austauschen. Ich fühle mich von ihnen verstanden, erfahre Mitgefühl und erhalte wertvolle Tipps und Ratschläge. Aber in den Wochen vor meinem Gespräch mit Andrea habe ich gemerkt, dass diese Verbindungen eine Grenze haben. Und, dass diese Grenze nun erreicht worden ist. Das hat mich auch noch mal traurig gemacht, weil ich mich ab da wieder so alleine mit meinen Gedanken und Gefühlen, den Problemen und Entscheidungen gefühlt habe. Ab dem Punkt, als ich entschied, das nun wirklich durchzuziehen, konnten sie sich in bestimmte Empfindungen einfach nicht mehr eindenken und mir mit hilfreichem Rat zur Seite stehen. Insofern war ich so unglaublich dankbar und erleichtert über den Austausch mit Andrea. Von ihr habe ich mich absolut verstanden gefühlt.

Am Ende des Gesprächs konnte ich ihr noch von meinen Erfahrungen im Austausch mit Gleichgesinnten in den sozialen Medien berichten. Dort hatte sie sich bisher noch nicht getummelt. Wir haben uns auch darauf verständigt, weiterhin im Austausch zu bleiben. Ich bin gespannt, wie Andreas weiterer Weg verlaufen wird. Wie es ihr dabei geht, wie sie alles meistern wird. Ich freue mich darüber, dass wir uns austauschen können. Das wird mir sicherlich weiterhin gut tun und mir helfen.

Nach dem Hochmut kommt der Fall

Nach dem Gespräch ging es mir daher richtig gut. Aber dann, ganz plötzlich, schlug meine Gefühlslage ins komplette Gegenteil um. Drei volle Tage ging es mir richtig schlecht. Wieder fühlte es sich für mich alles so unfair an. So vieles versuchte ich, um nicht diesen Weg gehen zu müssen. Und nichts, aber auch gar nichts davon hat funktioniert.

Mein lieber Scholli, was war das für eine emotionale Achterbahnfahrt?! Erst tat mir der Austausch so gut und dann fiel ich richtig tief.

Später leuchtete mir ein, warum es mir nach dem Gespräch mit Andrea nach der anfänglichen Euphorie so schlecht ging. Mir wurde bewusst, dass ich mich tatsächlich auf den Weg gemacht hatte. Den klassischen Weg hatte ich nun verlassen. Und mich überkam dabei eine völlig selbstverständliche Trauer darüber.

Ich wünschte, ich wäre auch bereits an dem Punkt, an dem sie bereit war. Schwanger und mit sich und der Situation im Reinen.

*Name geändert